Kompaktkurs NeuroIntensivmedizin der DGNI

Der Kompaktkurs NeuroIntensivmedizin der DGNI wird bereits seit vielen Jahren auf der DGNI-Jahrestagung (ANIM) angeboten und wurde in den vergangenen Jahren in eine curriculare Struktur umgearbeitet und um Workshops ergänzt. Er vermittelt einen großen Teil der Weiterbildungsinhalte der spezifischen NeuroIntensivmedizin.

Der Kompaktkurs Neurointensivmedizin wird auf der ANIM vollständig jährlich durchgeführt, die einzelnen Module und Workshops werden darüber hinaus im jährlichen Wechsel auf der DGN-Jahrestagung und zukünftig auch auf der DIVI und der DGNC-Jahrestagung angeboten werden.

Lehrmethode

Die theoretische Wissensvermittlung des Kompaktkurses erfolgt im Rahmen einer Großgruppen-Vortragsveranstaltung. Hierbei werden alle Vorträge in einer vorgegebenen Struktur, fallbasiert mit Vermittlung der Inhalte in der Vorgabe „vom Fall zur Struktur“, aufbereitet, um somit einen hohen Praxisbezug herzustellen, der zu einer direkten Anwendbarkeit im Klinikalltag führen soll. Auch soll hierdurch die Interaktivität der Vorträge gefördert werden. Die Dozent:innen sind allesamt praktizierende Intensivmediziner, die in dem gewählten Format ihre langjährige praktische Erfahrung den Teilnehmern weitervermitteln.

Die praktische Vermittlung von Fertigkeiten erfolgt im Rahmen der 8 Workshops. Hierbei werden in kleinen Gruppen an Modellen und Simulatoren Fertigkeiten vermittelt, die je nach Ausrichtung der „eigenen“ Intensivstationen im Alltag nicht unbedingt regelmäßig vorkommen. Ziel ist es diese für die Neurologie und Neurochirurgie notwendigen Verfahren und Maßnahmen daher im Rahmen der Workshops zu vermitteln.

Inhalte der theoretischen Module

Modul I (Neurovaskulär):

  • Akute Therapie des ischämischen Schlaganfalls mit Schwerpunkt peri-interventionelles Management bei Thrombektomie
  • Intensivtherapie des Hirninfarktes inkl. Management des raumfordernden Media- und Kleinhirninfarktes
  • Intrazerebrale Blutung – Notfallmanagement und Intensivtherapie
  • Subarachnoidalblutung -Notfallmanagement und Intensivtherapie zerebraler Komplikationen
  • Variable Themen: Spezifisches Management symptomatischer AVM und duraler AV-Fisteln; Intensivpflichtige Sinus-Hirnvenenthrombose

Modul II (Trauma und intrakranielle Druckerhöhung)

  • Management des schweren Schädel-Hirn-Traumas
  • Neuromonitoring und Monitoring des erhöhten intrakraniellen Drucks
  • Stufentherapie des erhöhten intrakraniellen Drucks
  • Management der traumatischen Rückenmarksverletzung und akuter nicht-traumatischer Querschnittslähmungen
  • Prognoseabschätzung und Therapiezieländerung/Palliativmedizin
  • Grundlagen der IHA-Diagnostik

Modul III (Entzündliche, toxische, metabolische, neuromuskuläre Erkrankungen)

  • Management der bakteriellen Meningitis
  • Management postoperativer bakterieller Komplikationen – zerebraler Abszess, Ventrikulitis etc.
  • Intensivpflichtige Enzephalitis/Autoimmunenzephalitis
  • Behandlung des Status epilepticus
  • Intensivtherapie des GBS und der myasthenen Krise
  • Variable Themen: Differentialdiagnose und Management Bewusstseinsstörung und Delir; Malignes Neuroleptika-, Serotonin-, Anticholinerges Syndrom und maligne Hyperthermie; Intoxikationen, die der NeuroIntensivmediziner kennen/können sollte; Akinetische Krise; Perioperatives Management neurologischer Erkrankungen

Modul IV (Allgemeine Intensivtherapie inder NeuroIntensivmedizin)

  • SIRS und septischer Schock
  • Lungenembolie, akuter Myokardinfarkt und andere thrombembolische Komplikationen
  • Hämodynamisches Monitoring und Management
  • Beatmungstherapie in der NeuroIntensivmedizin
  • Variable Themen: Elektrolyt- und Volumenmanagement und Indikation für Nierenersatzverfahren; Akutes Abdomen auf der NeuroIntensivstation; Ernährungstherapie und metabolisches Management; postoperative Intensivmedizin, Frührehabilitation in der Intensivmedizin; Analgosedation und Delirprophylaxe

Inhalte der praktischen Workshops

1. Workshop: Atemwegsmanagement

Beschreibung: In der neurologischen Notfall- und Intensivmedizin sehen sich junge Ärztinnen und Ärzte unter anderem mit dem Atemwegsmanagement der/des Bewusstlosen konfrontiert oder kommen in die Situation, im Rahmen einer Narkoseeinleitung den Atemweg sichern zu müssen. Die praktische Anleitung dieser lebenswichtigen Fähigkeiten wird jedoch nicht ausreichend trainiert und stellt zumeist eine große Herausforderung insbesondere für weniger erfahrene Kolleginnen und Kollegen dar.

Im geplanten Skills Lab soll die Atemwegssicherung praktisch angeleitet und mithilfe unterschiedlicher Instrumente (Guedel-Tubus, Wendel-Tubus, Larynxmaske/-tubus, IGel-Tubus sowie endotracheal Tubus) demonstriert und geübt werden. Ebenfalls werden die Handgriffe der klassischen Maskenbeatmung trainiert sowie das Vorgehen in der Narkoseeinleitung (Präoxigenierung, Crush-Induction/RSI) mit den Teilnehmenden geübt.

Lernziele: Die Teilnehmenden können nach Abschluss des Workshops supraglottische Atemwegshilfen am Simulator sicher einsetzen, sie können das Vorgehen zur endotrachealen Intubation mit unterschiedlichen Techniken benennen. Weiterhin können eine mögliche Eskalationsstrategie im Falle eines Schwierigen Atemwegs benennen. Vermittlung: In diesem Workshop wird am Simulator die Beutel-Masken-Beatmung, das einlegen unterschiedlicher supraglottischer Atemwegshilfen geübt und in diesem rahmen die Vor- und Nachteile sowie die unterschiedlichen Indikation erarbeitet. Weiterhin wird das Vorgehen der Intubation mit dem Laryngoskop sowie mit der Video-Laryngoskopie geübt. Im Rahmen von Szenarien werden Fallstricke und die Situation des schwierigen Atemwegs geübt und ein generelles Vorgehen erarbeitet.

Zielgruppe: Assistenzärztinnen und -ärzte ab dem ersten Berufsjahr, Pflegekräfte der Intensivstation und Notaufnahme.

2. Workshop: Diagnostik des irreversiblen Hirnfunktions-Ausfalles („Hirntoddiagnostik“)

Beschreibung: Die Diagnostik eines irreversiblen Hirnfunktionsausfalles ist fester Bestandteil der neurologischen und neurointensivmedizinischen Arbeit. Neben tiefgreifenden Kenntnissen über die zugrundeliegenden Richtlinien müssen die klinischen wie auch apparativen Untersuchungsmethoden einwandfrei beherrscht und bewertet werden können. Im klinischen Alltag lassen sich diese Fähigkeiten jedoch aufgrund der relativen Seltenheit (je nach Zentrum/Klinik) des Hirntodes nicht ausreichend trainieren.

Im geplanten Skills Lab sollen deshalb die diagnostischen Schritte demonstriert und mit den Teilnehmenden am Simulator geübt werden können. Hierbei sollen auch ergänzende apparative Diagnostiken (z.B. EEG, AEP) mit den Teilnehmenden besprochen werden und auf spezifisches Vorgehen im Falle von Organspende am Rande eingegangen werden.

Lernziele: Die Teilnehmenden können nach Abschluss der Workshops die Voraussetzungen zur IHA Diagnostik benennen, die klinische Untersuchung der Hirnstamm Areflexie durchführen und können die ergänzenden Untersuchungsverfahren sowie den Prozess des Nachweises der Irreversibilität benennen.

Zielgruppe: Assistenzärztinnen und -ärzte ab dem 3. Weiterbildungsjahr sowie Fachärztinnen und -ärzte.

3. Workshop: Hämodynamisches Monitoring und Therapie

Beschreibung: Das differenzierte hämodynamische Monitoring und die daran angepasste Therapie ist auch in der Neurointensivmedizin ein wichtiger Bestandteil. Daher werden in diesem Workshop verschiedene Formen der hämodynamischen Instabilität simuliert und von den Teilnehmern in Kleingruppen diagnostisch und therapeutisch abgearbeitet. Im Anschluss erfolgt im Rahmen des Debriefing eine kurze theoretische pathophysiologische Erklärung und Diskussion, Ziel ist das Lernen im Rahmen der praktischen Simulation.

Lernziele: Die Teilnehmenden können nach Abschluss des Workshops die verschiedenen Formen des Schocks benennen und können die grundlegenden Behandlungsstrategien anwenden. Sie können verschiedene Messverfahren zur Beurteilung des Herz-Zeit Volumens benennen und diese unter Supervision durchführen.

Zielgruppe: Assistenzärztinnen und -ärzte ab dem ersten Berufsjahr.

4. Workshop: Therapiezieländerung – das schwierige Gespräch

Beschreibung: In der Intensivmedizin ist es nicht immer möglich, dass Patienten das Ziel „Zurück ins Leben“ erreichen und man am Anfang oder im Verlauf der Behandlung eine Therapiezieländerung überdenken und umsetzen muss. Diese sollte sich, wie die gesamte Behandlung, an der medizinischen Indikationen orientieren unter Berücksichtigung des mündlich oder schriftlich geäußerten oder mutmaßlichen Willens des Patienten. Insbesondere die Ermittlung des in der Intensivmedizin meist nur mutmaßlichen Willen des Patienten mit den Angehörigen ist nicht trivial. Auch die Übermittlung einer fehlenden sinnvollen Therapieoption ist gerade am Anfang der ärztlichen Tätigkeit oft schwer. In diesem Workshop sollen daher in Rollenspielen verschiedene Konstellationen durchgespielt werden und dadurch Sicherheit in der Gesprächsführung vermittelt werden.

Lernziele: Die Teilnehmer können nach diesem Workshop im Gespräch mit den Angehörigen den mutmaßlichen Willen des Patienten gegenüber den Wünschen der Angehörigen ermitteln. Sie können schlechte Nachrichten sachlich und professionell den Angehörigen übermitteln. Weiterhin können Sie antizipierbare schwierige Situationen benennen.

Zielgruppe: Assistenzärztinnen und -ärzte, Pflegekräfte und Therapeuten.

5. Workshop: SAB – Simulation

Beschreibung: Patienten mit Subarachnoidalblutung (SAB) stellen eine besondere Gruppe der zerebrovaskulären Patienten dar. Die Teilnehmenden lernen im Workshop durch praktische Anwendung in einer Simulation verschiedene Aspekte des Managements eines Patienten mit Subarachnoidalblutung in der Notfallaufnahme und auf der Intensivstation kennen. Dieser Workshop wird keine theoretischen Vorträge beinhalten, Inhalte werden am Simulator in der Kleingruppe in der praktischen Anwendung erarbeitet.

Lernziele: Die Teilnehmenden können nach diesem Workshop die verschiedenen Möglichkeiten des Aneurysmaverschlusses benennen und differentialtherapeutisch einordnen. Sie können die relevanten Methoden des Neuromonitorings unter Supervision durchführen und Behandlungskonsequenzen ziehen.

Zielgruppe: Assistenzärztinnen und -ärzte in oder nach der Intensivrotation.

6. Workshop: ICP, EVD und LD-Management

Beschreibung: Die Messung des intrakraniellen Drucks und die Ableitung von Liquor sind wichtige Neurointensivmedizinische Techniken. Prinzipien zur Anlage dieser Katheter werden in diesem Workshop vermittelt. Mögliche Fallstricke und Fehler bei Monitoring und Therapie zu erkennen werden ebenfalls in der Gruppe geübt. Dieser Workshop enthält einleitende Theorieteile, Hands-on Elemente sowie fallbasierte interaktive Lerninhalte, die das bettseitige „Troubleshooting“ simulieren sollen.

Lernziele: Die Teilnehmenden können nach Abschluss des Workshops ICP-/CPP-Management begleiten und sind mit der praktischen Durchführung der Anlage eines ICP-Monitors und einer externen Ventrikeldrainage vertraut. Sie können typische Fallstricke bei der Ableitung und Messung benennen.

Zielgruppe: Assistenzärztinnen und -ärzte und Pflegekräfte.

7. Workshop: Nichtinvasives Neuromonitoring

Beschreibung: Neuromonitoring ist ein wichtiger Bestandteil und ein besonderes Merkmal auf der Neurointensivstation. Neben den invasiven Verfahren wie ICP-Messung und der radiologischen Methoden stehen nichtinvasive Verfahren meist bettseitig und zu nahezu jeder Zeit zur Verfügung. Dieser Workshop stellt die Möglichkeiten dar und soll animieren, das nichtinvasive Verfahren gerade in der Neurointensivmedizin einen festen Stellenwert bekommen.

Lernziele: Die Teilnehmenden lernen in dem Workshop durch praktische Anwendung mittels Einsatz von Ultraschall eine Mittellinienverlagerung darzustellen, die Ventrikelweite zu bestimmen, die Ausdehnung eines Hämatoms abzuschätzen sowie den Optikus-Nervenscheidendurchmesser zu bestimmen

Zielgruppe: Fach- und Assistenzärzte mit Bezug zur Neurointensivmedizin.

8. Workshop: Invasive intensivmedizinische Maßnahmen

Beschreibung: Invasive Maßnahmen werden regelhaft durchgeführt, aber je nach Standort in unterschiedlicher Frequenz. Weiterhin ist es empfehlenswert, bevor man eine Maßnahme am Patienten durchführt, diese in der Simulation bereits trainiert zu haben. Daher werden in diesem Workshop die Maßnahmen dilatative Tracheotomie, Anlage einer Thoraxdrainage sowie die Anlage einer Lumbaldrainage trainiert.

Lernziele: Die Teilnehmenden können nach dem Workshop die einzelnen Schritte der Anlage einer bronchoskopisch kontrollierten dilatativen Tracheotomie am Modell durchführen, eine Thoraxdrainage durch eine Mini-Thorakotomie am Modell anlegen und die Anlage einer Lumbaldrainage durchführen.

Zielgruppe: Fach- und Assistenzärzte mit Bezug zur Neurointensivmedizin.