Präsidentensymposium mit drei hochkarätigen Rednern

Kongresspräsident Prof. Dr. Julian Bösel, Heidelberg/Baltimore, brachte in seinem Präsidentensymposium eine Auswahl von drei außergewöhnlichen Vorträgen. Den „Take-off“ machte Flug-Kapitänin Cordula Pflaum: „Sie behandeln Menschen, ich befördere Menschen“. Sie referierte zum Thema „Mensch und Maschine – souverän in Krisensituationen“ der Human Factors Academy der Lufthansa. Lassen sich seit Jahrzehnten bewährte Konzepte der Luftfahrt auf die Welt der Intensiv- und Notfallmedizin übertragen? Das tragende Modell, mit dem auch bei der Lufthansa gearbeitet werde, heißt Threat and Error Management. Das Wichtigste sei eine gute Fehler- und Sicherheitskultur: „Jeder Flug ist ein Präzedenzfall. Wir können noch so gut geschult sein – wissen aber nicht, was kommt.“ Um für möglichst viele Situationen gewappnet zu sein, müsse evidenzbasiert trainiert werden. So könne für den Ernstfall Resilienz aufgebaut werden.

Prof. Dr. Daiwai Olson, UT Southwestern Medical Center in Dallas, beleuchtete unter dem Titel „Variance is a 1-letter word: Understanding the influence of extraneous variables in neurocritical care research“ auf sehr unterhaltsame Weise den Effekt von Pflege in der NeuroIntensivmedizin. Olson begann seine Karriere als Krankenpfleger in Iowa und promovierte an der University of North Carolina. Fast zwei Jahrzehnte lang arbeitete er als „Nurse“, von 1986 bis 2018, und ist der erste Krankenpfleger, der zum ordentlichen Professor befördert wurde. In seiner Arbeit konzentriert er sich auf die Entwicklung eines umfassenderen Verständnisses darüber, wie die Pflege gute Ergebnisse bei Patienten unterstützen kann.

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Dipl. Psych. Werner Hacke, Seniorprofessor der Universitätsklinik Heidelberg, bildete mit einem Parforcé-Ritt durch seine Erfahrungen von über 40 Jahren Notfall- und Intensivtherapie beim schweren ischämischen Schlaganfall unter langanhaltendem Applaus den krönenden Abschluss des besonderen Präsidentensymposiums. Wie kein zweiter hat Hacke zur Entwicklung der Schlaganfallbehandlung beigetragen. Er leitete viele internationale, Leitlinien-verändernde klinische Studien zu Prävention (SPACE 1 und 2, CHARISMA, ROCKET-AF) und Therapie (ECASS 1-4, DIAS 1,2, DESTINY 1, 2), der intravenösen Thrombolyse und mechanischen Thrombektomie, war als Autor an vielen nationalen und internationalen Leitlinien beteiligt und ist bis heute „der zweitmeist-zitierte Neurologe der Welt“.

 

Drittes Joint Meeting der DGNI mit der Neurocritical Care Society (NCS)

Schon zum dritten Mal findet bei der ANIM ein Joint Meeting mit der US-amerikanischen, global agierenden Neurocritical Care Society (NCS) statt – eine fruchtbare Zusammenarbeit mit immer neuen Gemeinschaftsprojekten. Unter der Koordination von Dr. Katja E. Wartenberg kamen renommierte Redner, Moderatoren und Mitglieder dieser renommierten Fachgesellschaft nach Kassel, um sich mit den Teilnehmern der ANIM in unkomplizierter Atmosphäre auszutauschen. Neuro-Notfälle aus verschiedenen internationalen Perspektiven, Vergleiche von Management und logistische Fragestellungen bieten immer wieder Anregungen und Inspirationen. Für eine aufgelockerte Stimmung in der Einstiegssitzung sorgte Prof. Dr. Stephan Mayer mit einer einzigartigen Animation und einer anregenden Challenge. In weiteren Vorträgen ging es um zukünftige Chancen im NeuroIntensivmedizin und einen realistischen Blick auf künstliche Intelligenz und Pflegeroboter.
Am zweiten Kongresstag erwarteten die Teilnehmer des DGNI-NCS Joint Meetings vier spannende Themenkomplexe in den englischsprachigen Sitzungen. Unter dem Titel "Brain Death international" gab es lebhafte Diskussionen zu dringend notwendigen Organspenden, Gemeinsamkeiten und Unterschieden sowie Unsicherheiten bei der Diagnose des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls. Experten der NCS und der DGNI stellten nationale Leitlinien vor und diskutierten Möglichkeiten für einen internationalen gemeinsamen Ansatz.

Die Sitzung "Delirium ...with a twist“ warf unter dem Vorsitz von PD Dr. Peter Nydahl (DGNI) und Prof. Dr. Paul M. Vespa (NCS) einen besonderen Blick auf das Thema mit Schwerpunkt auf der NEUROintensivmedizinischen Pflege, der Interaktion zwischen Pflegekräften und Ärzten und ein effektives Management. In der Sitzung "Neuroprognostication Guidelines“, initiiert auf der letzten gemeinsamen Tagung 2018 in Würzburg, stellten die einzelnen Arbeitsgruppen ihre Ergebnisse und Empfehlungen zu acht Krankheitsbildern kurz vor: Herzstillstand, Guillain Barre-Syndrom, Hirnblutung, Schädel-Hirn-Trauma, Rückenmarksverletzung, Subarachnoidalblutung, akuter ischämischer Schlaganfall und Status epilepticus. Die letzte Sitzung des zweiten Kongresstages "Nursing shortage in Neurocritical Care“ diente zum Austausch regionaler und nationaler Strategien zum Pflegemangel. In einer interaktiven TED-Sitzung wurde versucht, voneinander zu lernen und mögliche Lösungen zu finden.
Auch im Hauptprogramm gab es mehrere interessante Vorträge der NCS – „eine gute Durchmischung“, wie Kongresspräsident Prof. Dr. Julian Bösel betonte. Mit Spannung erwarten die Kongress-TeilnehmerInnen am letzten Kongresstag die letzte gemeinsame Sitzung über Neuronotfallmedizin.