Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Photo by Helios Amper-Klinikum Dachau

am 29. April hat das Bundesgesundheitsministerium zu einer Online-Anhörung der Verbände über den letzten, in vielen Aspekten geänderten Referentenentwurf für die Krankenhausreform geladen. Die Krankenhauslevel, die in früheren Planungen Grundlage für die Erstattung der medizinischen Leistungen sein sollten, sind Geschichte. Der aktuelle Entwurf sieht eine Verteilung von Leistungsgruppen nach den Kriterien des Landes Nordrhein-Westfalen vor. Zusätzlich wurden 5 weitere Leistungsgruppen, unter anderem die Notfallmedizin definiert. Diese Leistungsgruppen werden von den Ländern verteilt werden und erfordern Qualitätskriterien, wie zum Beispiel eine Vorhaltung einer Mindestanzahl an Personal. Der wesentliche Bestandteil des Gesetzes (Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz, KHVVG), die Vorhaltefinanzierung als Pauschalfinanzierung für die Vorhaltung von Leistungen, ist jedoch als zentraler Punkt der Reform weiterhin Teil des Entwurfs geblieben.

Die Anhörung war nach meinem Empfinden stark dominiert von den Ausführungen von Vertretern nicht-medizinischer Verbände, insbesondere der Kostenträger und deren Dachverbänden, die mit einer gewissen Redundanz darauf drängten, dass sie in die zukünftigen Entscheidungsprozesse stärker eingebunden werden als das im bisherigen Verlauf der Gesetzesentwicklung der Fall war. Den Kostenträgern Mitsprache bei Aspekten der medizinischen Qualität oder auch bei der Weiterentwicklung von Leistungsgruppen zu gewähren, dürfte aber von begrenztem Nutzen sein.

Die Sorge der Krankenkassen und Krankenversicherungen und deren Spitzenverbänden ist aber durchaus nachzuvollziehen. Die Gesundheitsleistung als Stückware, die seit Gründung der gesetzlichen Krankenkassen vor mehr als 130 Jahren Grundprinzip der Krankenhausfinanzierung war, wird nun zum überwiegenden Anteil abgelöst durch eine Pauschalfinanzierung. Somit handelt es sich um eine große Sozialreform, die eine Neudefiniton vieler Aspekte im Gesundheitswesen erfordert. Ein Beispiel wäre auch die Rentabilität des Medizinischen Dienstes, dessen Bewertungen ja dann nur noch einen Bruchteil des Erlöses betreffen.

Erklärtes Ziel der Reform ist es, die Attraktivität der Erlössteigerung durch hohe Patientenzahlen zu reduzieren und insbesondere zu verhindern, dass Behandlungs- bzw. Operationsindikationen nach wirtschaftlichen Kriterien gestellt werden. Zwar ist die Höhe der Vorhaltepauschale immer noch an Patientenzahlen gekoppelt, der Zusatzerlös von teuren bzw. lukrativen Behandlungen wird aber deutlich reduziert. Probleme sehen wir vor allem in der Personalvorhaltung, die nicht an ein Personalbemessungssystem gekoppelt ist. Klinikbetreiber haben somit als Instrument noch die Verknappung des Personals, um den betriebswirtschaftlichen Erlös zu steigern, was sicher auch genutzt werden wird. Ein weiterer Punkt ist der (auch erklärtermaßen ins Kalkül gezogene) Abbau von stationären Krankenhausbetten. Die Zahl der alten und immobilen Patienten, die nach Abschluss von Diagnostik und Therapie nicht einfach entlassen werden können, wird nicht abnehmen sondern weiter zunehmen. Hier stößt die gewünschte „Ambulantisierung“ an ihre Grenze. Der Turnover der verbleibenden Patienten wird noch schneller werden müssen.

Bei limitierter Diskussionszeit blieb die Möglichkeit der schriftlichen Stellungnahme, die wir genutzt haben.

Icon PDF Stellungnahme der DGNI zum Referentenentwurf zum KHVVG (PDF)

Beste Grüße
Thomas Westermaier

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